
Christoph Reinhard, Geschäftsführer der
Gebr. Reinhard Stahlhandel GmbH & Co. KG
Die heutige Gebr. Reinhard GmbH & Co. KG wurde 1889 in WĂĽrzburg von Ihrer Familie als OHG gegrĂĽndet. Wie kam es, dass Sie sich dazu entschlossen haben, die lange Tradition nun in der vierten Generation fortzufĂĽhren?
Dabei haben mehrere Faktoren eine Rolle gespielt: zum einen natürlich ganz persönliche; zum anderen aber auch die Tatsache, dass sich nach Abschluss meines BWL-Studiums die Frage aufdrängte, wer das Familienunternehmen weiterführt. Da war die Idee, auf diese Weise in die Selbständigkeit zu starten, durchaus reizvoll. Rückblickend bin ich auch dankbar dafür, dass ich so noch gut vier Jahre mit meinem Vater zusammenarbeiten konnte.
Was macht Sie als Unternehmen aus?
Ich denke, in unserem Kern zeichnet uns sicher aus, dass wir ein „familiengeführtes“ Unternehmen sind. Das heißt für uns, dass wir langfristige Beziehungen pflegen – sowohl innerhalb unseres Unternehmens, aber auch was unsere Partner, Lieferanten und Kunden anbelangt. Außerdem bemühen wir uns um schnelle Entscheidungswege, damit wir flexibel auf die Bedürfnisse unserer Kunden reagieren können.
Welche Werte sind Ihnen besonders wichtig?
Wir messen unser Handeln an einem Werte-Set: Fairness, gegenseitige Loyalität und – auch hier – eine nachhaltige, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Darunter verstehe ich, dass man sich stetig um einen offenen und ehrlichen Austausch bemüht. Dass man wirklich versucht, etwaige Probleme gemeinsam zu lösen – ob nun intern oder extern. Fairness bedeutet auch, bei Problemstellungen nicht mit zweierlei Maß zu messen. Es ist eine einfache Rechnung: Letztlich sind es unsere Kunden, die unsere Gehälter und Löhne bezahlen. Umso wichtiger ist es, dass wir in einer vertrauensvollen, positiven Atmosphäre zusammenarbeiten – denn nur so können wir einen entsprechenden Service bieten.
Welche aktuellen Entwicklungen fallen Ihnen in der Stahldistribution auf?
Wie die gesamte Wirtschaft war und ist auch der Stahlhandel von den Ereignissen der letzten Jahre und Monate geprägt. Der Ausbruch der Pandemie 2020 brachte eine große Unsicherheit mit sich, die in weltweiten Lieferengpässen und einer deutlichen Steigerung der Rohstoff- und Stahlpreise mündete. Zudem sind wir mit den gesamtwirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges und einer abflachenden Baukonjunktur vor dem Hintergrund der Zinswende der Notenbanken konfrontiert. Also einerseits mit sehr unruhigen makroökonomischen Umfeldbedingungen. Andererseits bekommen unsere Kunden genauso wie wir den bekannten Fachkräftemangel zu spüren. Was zur Folge hat, dass sie bei weniger Mitarbeitern häufig auch weniger Material benötigen. Das gestaltet den Markt wettbewerbsintensiver, weshalb wir noch genauer auf die Bedürfnisse unserer Kunden hören und antworten müssen.
Welche Trends machen Sie aus?
Ich würde weniger von Trends sprechen; vielmehr geht es darum, auf die sich verändernden Kundenbedürfnisse einzugehen und sie in unsere Unternehmensphilosophie zu integrieren. Dafür tun wir einiges: Zum Beispiel haben wir in eine Säge-/Bohranlage investiert, um selbst weitere Anarbeitungsschritte anzubieten. Hinzu kommt eine neue Brenn-/Bohr-/Fräsanlage. In der Logistik werden wir in den Bereichen, die über Stahl hinausgehen (wie z.B. „Dach und Wand“) durch ein Fahrzeug mit Mitnahmestapler eine Belieferung direkt an die Baustelle ermöglichen – ganz ohne kompliziertes Abladeverfahren. Außerdem sehr wichtig: das Thema CO₂-Neutralität. Unsere neue Solaranlage mit 500.000 kWh verringert unseren CO₂-Fußabruck schon jetzt deutlich.
Apropos CO₂-Neutralität: Muss die traditionelle Stahlbranche umdenken?
Es findet bereits ein Umdenken statt. Die Stahlindustrie widmet sich ganz bewusst der Klimaneutralität – und zwar durch riesige Investitionsvorhaben. „Grüner Stahl“ wird dadurch mehr und mehr Realität. Aber auch wir in der Distribution sind gefordert. In erster Linie wird der Verteilerverkehr mit LKWs betroffen sein, was im nächsten Jahrzehnt zu einer Umrüstung der Flotte führen wird. Im Bezug des Stahls setzen wir vermehrt auf unseren hauseigenen Gleisanschluss und damit auf die Belieferung per Bahn. Und natürlich passen wir unseren Energiemix an: Bestes Beispiel ist die Solaranlage.
Wie zeigt sich das kollektive Umdenken in Ihrer Unternehmensphilosophie?
Sicherlich können wir als alteingesessenes Familienunternehmen auf ein fundiertes Know-how zurückgreifen. Dennoch muss man immer flexibel bleiben und mit der Zeit gehen. Deshalb haben wir unsere Unternehmensphilosophie auch weitergedacht: Tradition und Leistung schaffen Vertrauen – Innovation und Nachhaltigkeit erhalten es.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen?
Nachhaltigkeit hat in meinen Augen mehrere Dimensionen. Wir sind uns unserer Verantwortung in puncto Klimaschutz bewusst und handeln entsprechend. Nachhaltigkeit zeigt sich aber auch in einem aufrichtigen Umgang miteinander. Ich bin sehr froh, dass wir über einen Stamm von langjährigen Mitarbeitern verfügen. Ebenso finde ich es erstrebenswert, langfristig mit unseren Kunden zusammenzuarbeiten. Das persönliche Gespräch schafft in beiden Fällen die Basis für ein vertrauensvolles Miteinander. Dabei geht es vor allem um Transparenz. Ich möchte, dass meine Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten jederzeit Kontinuität und Glaubwürdigkeit in der Führung des Unternehmens erwarten können.